PV-Modul-Zuverlässigkeits-Scorecard 2021

Geprägt von einem stetigen Wachstum konnte die Solarindustrie innerhalb der letzten 10 Jahre einige Erfolge feiern. Laut Jenya Meydbray, CEO von PV Evolution Labs (PVEL), hat sich die weltweite Produktion verzwanzigfacht. Während im Jahr 2010 noch 20 Gigawatt verzeichnet wurden, liegt der Wert heute schon bei rund 400 Gigawatt. In diesem Artikel schauen wir uns die Herausforderungen, die solch ein Wachstum mit sich bringen kann einmal genauer an. Um Problemen entgegenzuwirken und Lösungen zu schaffen, hat PVEL ein Produktqualifizierungsprogramm (PQP) erschaffen, aus diesem eine Rangliste (Scorecard) mit den am besten abgeschnittenen PV-Modulen und Herstellern hervorgeht. Mehr zu diesem Thema erfahrt hier in unserem Artikel.  

Schnelles und unkontrolliertes Wachstum stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen 

Die Nachfrage nach Solarstrom steigt weiter stetig an. Auch die zurzeit andauernde globale Pandemie kann diese Nachfrage nicht stoppen. Aus diesem Wachstum ergeben sich zahlreiche Herausforderungen für Hersteller. Hierrunter fällt eine von PVEL gemessene Abbaurate der einzelnen Elemente innerhalb der Module von >15% bei einer momentanen Anzahl von 100 Millionen gelöteten Zellen pro Tag. Um den Klimawandel bekämpfen zu können, müssen jedoch mindestens 1 Milliarde Zellen pro Tag erreicht werden. Nach zahlreichen Tests wurde hierbei ermittelt, dass die Abbaurate bei Modulen die beispielsweise nur 5 Jahre im Betrieb waren und zudem besonders starker Hitze ausgesetzt waren, im Durchschnitt höher ist als bei älteren Modulen in kühleren Regionen. Exawatt, ein Anbieter von Marktinformationen und Partner von PVEL prognostiziert, dass bis Ende 2021 über 100 GW an neuen Modulproduktionskapazitäten in Betrieb gehen werden. Eine besonders große Herausforderung wird laut PVEL sein, die Produktqualität auf Dauer nicht zu vernachlässigen, während Hersteller an unterschiedlichen Innovationen arbeiten, um beispielsweise Lieferengpässe zu vermeiden. Es kann davon ausgegangen werden, dass in der Regel neue Produkte in brandneuen Fabriken hergestellt werden. Hier werden oftmals Stücklisten, die auch BOM (Bill of Materials) genannt werden, ungeprüft weitergegeben, wodurch erhebliche finanzielle und sicherheitstechnische Folgen bei den entsprechenden Einsätzen im Feld entstehen können. Ein besonders häufig aufkommender Fehler ist der komplette Ausfall der Geräte. Sechsundzwanzig Prozent der für die diesjährige Scorecard getesteten BOMs wiesen mindestens einen Fehler auf. Bei einem von drei Herstellern kam es zu einem Ausfall einer solchen Anschlussdose. Hierbei traten die meisten Fehler vor Beginn der Tests auf. Beunruhigende Probleme mit Anschlussdosen wurden von PVEL zum ersten Mal im Jahr 2018 festgestellt.   

Das folgende Schaubild gibt dir einen Überblick über die häufigsten Ausfallarten.  

Quelle: PVEL, 2021, https://modulescorecard.pvel.com/wp-content/uploads/2021-PV-Module-Reliability-Scorecard_May-27-21.pdf 

Produktqualifizierungsprogramm von PVEL kann Fehler vorbeugen 

PVEL hat 2012 ein Produktqualifizierungsprogramm (PQP) für PV-Module gegründet, welches durch zahlreiche Testverfahren unabhängige Zuverlässigkeits- und Leistungsdaten liefert. Zudem zeichnet dieses Programm einzelne Hersteller mit besonders herausragenden Testergebnissen aus. Die Ergebnisse werden in sogenannten Scorecard-Ranglisten dargestellt. Die Rangliste für 2021 enthält im Gegensatz zu früheren Ausgaben wesentlich mehr Felddaten, die Labortests mit realen Projektanwendungen verbinden.  

Innerhalb des Produktqualifizierungsprogramms überprüfen Auditoren die Produktion der eingereichten Module. Auch die jeweiligen Stücklisten werden hier kontrolliert. Nach dem Versand misst PVEL die Leistungsabgabe und beurteilt den physischen Zustand jedes Moduls, bevor erweiterte Zuverlässigkeits- und Leistungstests durchgeführt werden können. Die folgende Tabelle fasst die 4 wesentlichen Verfahren innerhalb des PQPs zusammen. 

Empirische Daten Das PQP liefert empirische Metriken für Ertrag und Energieertrag  Modellierung 
Keine handverlesenen Stichproben Auditoren beobachten die Produktion aller Testmuster und kontrollieren Stücklisten. 
Standard-Stichproben Die PQP prüft alle Stücklisten auf die gleiche Art und Weise. Dies geschieht mit Hilfe von kalibrierten  Geräten und in einheitlichen Testumgebungen. 
Regelmäßige Programm Updates Aktualisierungen der Prüfabläufe liefern Daten zu neuen Technologien und  Fertigungstechnike 
Verfahren des PQPs

Die Scorecard 2021 dient Entwickler, Investoren und Anlagenbesitzer als Schutz vor unzureichender Projektleistung. Mit dieser Zusammenfassung soll der Einsatz von Solaranlagen gefördert und die Entwicklung von zuverlässigen, finanzierbaren Solarprojekten unterstützt werden. Sie zeigt die Top-Performer für sechs PQP-Testkategorien. Diese Performer werden nach Modelltyp und Hersteller in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet. Um für die Scorecard in Frage zu kommen, müssen Hersteller verschiedene Kriterien erfüllen. Hierunter fällt beispielsweise das Einreichen von mindestens zwei werksgeprüften PV-Modulmuster pro Testsequenz. Auch Stücklisten zu allen Testsequenzen innerhalb der PQP1 müssen vollständig vorliegen.  

Um zu den Top-Performern gehören zu können, müssen Unternehmen eine Abbaurate von weniger als 2% nach jeder Zuverlässigkeitssequenz aufweisen.  

Unterschiedliche Tests innerhalb des Programms führen zu einer besseren Verlässlichkeit  

Um die Verlässlichkeit der einzelnen Module überprüfen zu können, wurden einige Tests durchgeführt. Hierunter fällt beispielsweise das thermische Zyklieren (TC). Dieser Feuchte-Wärme-Test repliziert Abbau- und Versagensmechanismen, die im Feld auftreten können. Er setzt die Module in einer Klimakammer insgesamt zwei Mal 1.000 Stunden lang konstant einer Temperatur von 85 °C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 85 % aus – doppelt so lange wie für eine IEC-Zertifizierung erforderlich. Die Kombination aus hoher Hitze und intensiver Feuchtigkeit belastet die PV-Modulschichten. Hierbei zeigen monokristalline Wafer und Zellen mit passiviertem Emitter- und Rückkontakten (PERC) eine stärkere TC-Leistung als multikristalline Wafer. 

Bei Multi-Busbar (MBB)-Modulen kann unsachgemäßes Löten zu schlechten TC-Ergebnissen führen. Drei-, Vier- und Fünf-Busbar-Module haben bisher im Durchschnitt besser im TC abgeschnitten als MBB-Module.  

Zudem zeigten die TC-Ergebnisse für bifaciale Module, dass sowohl Glas/Glas- als auch Glas/Rückseitenmodule den Top-Performer-Status erreichten, wobei sich die Leistungsabfälle auf der Vorder- und Rückseite dem Leistungsabfall anglichen.  Generell können sich bei zu hoher thermischer und mechanischer Belastung Mikrorisse in PV-Zellen bilden.  

Folgende Einflüsse können zu Beschädigungen an den einzelnen Modulen führen: 

  • Löten von Zellen 
  • Laminieren und andere Modulherstellungsprozessen 
  • Temperaturschwankungen (Wind, Schnee, Hagel und anderen Umweltbedingungen) 
  • Physische Schäden bei Transport, Installation oder Wartung 

Wenn Risse den Stromfluss durch die Zelle einschränken, können Module weniger Energie produzieren. Sie können auch Hotspots bilden und Sicherheitsrisiken mit sich bringen. 

Neben dem thermischen Zyklieren werden unteranderem auch Tests durchgeführt, die den potenzialinduzierten Leistungsabbau (PID) in kristallinen Photovoltaikmodulen messen. Dieser Abbau kann innerhalb von Wochen oder sogar Tagen nach der Inbetriebnahme unterschiedlicher Module auftreten. Er tritt vor allem auf, wenn der interne PV-Stromkreis im Verhältnis zur Erde negativ vorgespannt ist. Innerhalb der von PVEL durchgeführten Tests wird das Modul in eine Klimakammer platziert. In dieser Klimakammer wird die Vorspannung gleich der maximalen Systemspannung des Moduls (-1000 V oder -1500 V) bei 85 °C und 85 % relativer Luftfeuchtigkeit für zwei Zyklen von 96 Stunden angelegt. Diese Temperatur-, Feuchtigkeits- und Vorspannungsbedingungen helfen bei der Bewertung möglicher Verschlechterungs- und Ausfallmechanismen im Zusammenhang mit erhöhten Leckströmen. 

Weitere Tests von PVEL setzen sich mit der lichtinduzierten Degradation (LID) auseinander. LID bezieht sich im Allgemeinen auf den schnellen Leistungsverlust, der durch instabile Bor-Sauerstoff-Verbindungen verursacht wird. Dieser Leistungsverlust tritt auf, wenn kristalline Module vom p-Typ zum ersten Mal dem Sonnenlicht ausgesetzt werden. Innerhalb des PQPs werden insgesamt 17 Proben auf diesen Leistungsverlust getestet. Alle Module werden im freien platziert und an einen Wechselrichter angeschlossen, um am maximalen leistungspunkt zu arbeiten. Währenddessen werden sie immensen Lichteinstrahlungen und Blitztests ausgesetzt. Dies geschieht bis eine Stabilität gemäß IEC 61215:2016 erreicht wurde. Um den Abbau (LETID) messen zu können werden zwei der Post-LID-Module in einer Klimakammer bei 75 °C platziert, während sie an eine Stromversorgung angeschlossen sind. Hierbei werden sie 486 Stunden lang mit einem niedrigen Strom injiziert, wobei alle 162 Stunden eine Charakterisierung erfolgt. Dies simuliert den Modulbetrieb bei voller Sonneneinstrahlung und bei maximaler Leistung. Die Testbedingungen sind so ausgelegt, dass sie sich langsam der maximalen Degradation nähern, um keine zusätzlichen Degradationsmechanismen auszulösen. 

Um Vorhersagen über die Leistung von PV-Projekten treffen zu können nutzt PVEL das branchenübliche Modellierungsprogramm PVsyst. Hier modellieren PAN-Dateien das Einstrahlungs- und temperaturabhängige Verhalten von PV-Modulen.  

Das Programm testet drei identische PV-Module über eine Matrix von Betriebsbedingungen gemäß IEC 61853-1, die eine Einstrahlung von 100 W/m2 bis 1100 W/m2 und eine Temperatur von 15 °C bis 75 °C aufweisen. Anschließend wird eine benutzerdefinierte PAN-Datei mit den Modellparametern von PVsyst erstellt.  

Um die Leistung optimierter PAN-Dateien besser zu veranschaulichen, enthält jeder PAN-Bericht zwei Standortsimulationsergebnisse: einen 1-MW-Standort in einem gemäßigten Klima bei einer Neigung von 0° (in Boston, USA) und einen 1-MW-Standort in einem Wüstenklima bei 20° Neigung (in Las Vegas, USA). 

Weit verbreitete Berichte über Backsheet-Ausfälle in Feldmodulen haben PVEL dazu veranlasst, die Backsheet Durability Sequence (BDS) innerhalb des PQP einzuführen. Teilnehmer müssen hierbei auswählen, welche Stücklisten für diesen Test relevant sind. Zudem ist es wichtig zu beachten, dass weniger als 10 % der im Handel erhältlichen Rückseitenmodelle die BDS-Tests abgeschlossen haben. Nach der Modulzertifizierungsprüfung steht es den Herstellern frei, jedes der über 100 auf dem Markt befindlichen Rückseitenmodelle in handelsüblichen Produkten zu verwenden. Einige werden Fehler erleiden, und es ist gut dokumentiert, dass Zertifizierungstests fehleranfällige Rückseitenfolien nicht identifizieren. Die Angabe von PQP-getesteten Stücklisten mit starken BDS-Ergebnissen trägt dazu bei, dass Rückblätter und Module wie erwartet funktionieren. 

PVEL würdigt Hersteller, die sich der Produktqualität und -zuverlässigkeit verschrieben haben und den Status als Top Performer erhalten haben. 

Nach zahlreichen Tests zeichnet PVEL die Hersteller, die alle Erwartungen erfüllen als Top-Performer aus. Die folgende tabellarische Auflistung zeigt die Top-Performer und Ihre jeweiligen Leistungsverläufe seit der ersten Scorecard von PVEL aus dem Jahr 2014 bis heute. Die Hersteller sind alphabetisch nach der Anzahl der Jahre aufgeführt, in denen sie als Top-Performer ausgezeichnet wurden. 

Quelle: PVEL, 2021, https://modulescorecard.pvel.com/wp-content/uploads/2021-PV-Module-Reliability-Scorecard_May-27-21.pdf 

Fazit 

Der voranschreitende Klimawandel zwingt einige Unternehmen zu neuen Zielen, um erneuerbare Energien erzeugen zu können. Aus diesem Grund wird auch der Solarstrom weiter an Relevanz behalten und dadurch in den kommenden Jahren stetig weiterwachsen. Jedes Wachstum birgt aber auch Risiken. Vor allem wenn ein schnelles Wachstum stattfindet. Hersteller müssen reagieren und produzieren somit mittels unterschiedlichster neuster Technik so schnell wie möglich Produkte. Wie wir festgestellt haben, kann es innerhalb solcher Produktionen an verschiedenen Stellen zu Fehlern kommen. Um Fehler so klein wie möglich halten zu können müssen im Vorfeld einige aufwendige Tests vorkommen werden. Meist mangelt es bei Herstellern an Zeit und Kapazitäten, um solche Tests oder Prüfungen sauber durchführen zu können. Das Produktqualifizierungsprogramm von PVEL ist hierbei eine gute Lösung um Kunden mehr Sicherheit für ihre Einkäufe gewähren zu können.  

Quellen 

Tara Doyl, Ryan Desharnais, Tristan Erion-Lorico; 2021 PV Module Reliability Scorecard; 2021; https://modulescorecard.pvel.com/wp-content/uploads/2021-PV-Module-Reliability-Scorecard_May-27-21.pdf  

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